In nur vier Tagen lernst du am Thunersee segeln. Und den D-Schein hast du nach einem weiteren Segelkurs in der Tasche. Jedenfalls in der Segelschule Thunersee mit ihrem modularen Ausbildungskonzept. Und das hat seit Jahrzehnten Erfolg.

Segeln macht Spass, aber es ist komplex. Das Boot schwankt unter deinen Füssen und du hast kein Gefühl, woher der Wind weht. Unvermittelt krängt das Boot, es wird schräg und du weisst nicht weshalb. Anluven, abfallen, dichtnehmen, fieren. Die Schoten und die Pinne bedienen. Auf die anderen Schiffe achten. Segeln fordert alle deine Sinne und deinen Körper heraus. Da bleibt keine Zeit für anderes. Du bist ganz im Hier und Jetzt. Das ist aktive Entspannung pur.

Komplexes ganz einfach machen

Edith ist pensionierte Sprachlehrerin: Sie hat in der Segelschule Thunersee (SST) segeln gelernt. Nach einer Abklärungslektion mit einem Segellehrer meldet sie sich im Sommer 2021 für einen fünftägigen Grundkurs in Hilterfingen an. Und was anfänglich so schwierig schien, wird im Kurs einfach.

«Wir reduzieren die Komplexität radikal. Am ersten Tag reichen vier einfache Regeln, damit unsere Schülerinnen und Schüler Kurse und Manöver segeln können. Denn eigentlich ist Segeln ein «Gspüri-Sport», sagt Simon Brügger, Geschäftsleiter und ehemaliger Olympiasegler. Und am Gefühl für das Boot und den Wind muss man arbeiten. «Ein Minimum an theoretischem Wissen ist zwar nötig, aber das ist im Grunde genommen zweitrangig». Deshalb halte man die Theorieblöcke im Grundkurs so kurz wie möglich und setze ganz auf die Praxis draussen auf dem See.

Learning by doing

«Ich war erstaunt, wie schnell wir aufs Wasser gekommen und die ersten Manöver und Kurse gesegelt sind», sagt Aline. «Die Lehrerinnen und Lehrer haben uns von der ersten Minute an selbst machen lassen». Das habe sie so nicht erwartet. Zum Ausbildungskonzept der SST gehört, dass die Crews allein auf ihren Segelbooten unterwegs sind. Die Lehrerinnen und Lehrer kommen immer wieder an Bord und zeigen die Manöver. Korrigieren Fehler und geben Tipps. Dann gilt wieder: Learning by doing und die Lehrer begleiten die Crews mit dem Motorboot.

Vier Elemente als Grundlage

«Segeln kombiniert vier einfache Elemente», sagt Edi Scheurer, der seit Langem an der Segelschule Thunersee unterrichtet. «Anluven, abfallen, wenden und halsen». Diese Elemente lernen die Schülerinnen und Schüler schon am ersten Tag kennen. Im Verlauf der Segelkurse in Hilterfingen und Spiez die jeweils eine ganze Woche oder ein langes Wochenende dauern, kommen Manöver wie aufschiessen und beidrehen hinzu. Die Lernkurve ist steil.

Einfaches und sicheres Segelschulboot

Die ST-19, das Segelschiff mit einem Kiel, das die SST extra für den Unterricht konstruiert hat, ist sehr einfach gehalten, aber mit allem ausgerüstet, was nötig ist. Winschen sind nicht nötig, und das Boot ist sehr handlich. Dabei segelt die ST-19 gut: Sie ist schnell, sicher und verträgt auch mehr Wind problemlos. Dann kann sie sogar ins Gleiten kommen. Das Feedback ist direkt. So lernt der Steuermann, die Steuerfrau, schnell, das Boot auf Kurs zu halten. Das «Gspüri», das Bootsgefühl, entwickelt sich fast von allein.

Vier Tage Grundkurs

Das Ausbildungskonzept der SST ist modular aufgebaut. «Nach einem viertägigen Grundkurs sind die Schülerinnen und Schüler so weit, dass sie bei uns ein Boot mieten können», sagt Simon Brügger. Dann stellt sich die Frage, wie es weiter geht mit Segeln. Ins Jollensegeln einsteigen, den D-Schein in Angriff nehmen. «Es ist in jedem Fall wichtig, dass du regelmässig segelst, sonst geht das Bootsgefühl schnell wieder verloren», sagt Simon. Wenn die Segelpause zwischen dem Grund- und dem Prüfungskurs zu lange dauert, wird es schwierig.

Theorieprüfung vor Kursbeginn ablegen

Wer in den D-Schein Prüfungskurs einsteigt, muss die Theorieprüfung bestanden haben. Lernen kannst du das individuell. «Wir empfehlen den Onlinekurs von BoatDriver», sagt Simon Brügger. Dort sind alle Fragen für die theoretische Prüfung hinterlegt. Wer nicht im Kanton Bern wohnt, muss beim Wohnsitzkanton zudem ein Gesuch für eine ausserkantonale Prüfung stellen.

Was wird an der Segelprüfung verlangt

Am letzten Tag jedes D-Schein-Prüfungskurses sind die Experten des Kantons Bern in der Segelschule in Hilterfingen und Spiez und nehmen die Prüfung ab. «Die Theorieteile im Kurs sind umfangreicher, das ist dem Stoff der Segelprüfung geschuldet», sagt Simon Brügger. Neben den Kartenaufgaben und den Knoten werden weitere Manöver unter Segel verlangt. Auch die Ansprüche der Experten ans Bootshandling und die korrekte Segelstellung sind höher. Ist eine Person über Bord gegangen, wird sie mit einem MOB-Manöver gerettet. Auch das muss ein Skipper, eine Skipperin, können. Es heisst darum auch Prüfungskurs: Segeln, Segeln, Segeln.

Was für den Prüfungskurs nötig ist

«Die Erfolgsquote der SST ist hoch», sagt Simon Brügger. «Wenn du vor Kursbeginn sauber wenden und halsen, die Kurse zum Wind sicher segeln kannst und wenn die Aufschiesser an eine Boje klappen, stehen die Chancen gut.» Schwieriger werde es, «wenn du noch nie auf einer ST-19 gesegelt bist und das Boot mit seiner Pinnensteuerung zuerst kennenlernen musst.» Hier empfiehlt Simon, einen Auffrischungskurs zu besuchen oder in eine Abklärungslektion zu kommen. «Dann wissen wir, wo die Unsicherheiten liegen und können sie ausbügeln.» Meist reichen einige Teilnahmen an einem begleiteten Abendsegeln in der Segelcommunity.

Das Erfolgsrezept: Lernen am Modell

Aline sitzt nach bestandener D-Schein-Prüfung auf dem Holzbänkli im historischen Bootshaus der Segelschule in Hilterfingen. Sie strahlt. Denn auf dem Prüfungsbericht ist bestätigt: Sie hat bestanden. Mit Bravour. Die Dozentin für Pädagogik sagt über das Ausbildungskonzept: «Im Grundkurs und im Prüfungskurs heisst es: Probiert aus, macht einfach.» In der Pädagogik werde das als Modelllernen beschrieben. «Du bist in der Handlung, du schaust zu und machst nach, was die Lehrerinnen und Lehrer zeigen. So lernst du viel schneller, als wenn du lange Theorie büffelst.»

Segeln bei 4 Windstärken

«Ich war sehr überrascht, dass ihr uns von der ersten Minute weg viel Vertrauen geschenkt habt», sagt Aline. «Dabei habe ich mich immer sicher gefühlt. Ich wusste, dass ihr in der Nähe seid und uns im Auge habt.» Als der Wind an einem Nachmittag stärker geworden sei, war Segellehrer Edi bei uns auf dem Boot und hat gesteuert. «Wir haben gesehen, dass die ST-19 auch bei diesen Bedingungen sicher und ruhig segelt. Das hat uns Vertrauen gegeben und unsere persönlichen Limite nach oben verschoben. Als es zwei Tage später mit 4 Beaufort geweht hat, hat es mega Spass gemacht und wir haben die Situation zu dritt problemlos gemeistert.»

Üben in der Segelcommunity

Auch Edith hat die D-Schein Prüfung bestanden und die ST-19 im Griff. Es hat zwar gedauert und sie hat viel geübt. Jetzt nimmt sie am beim Montagssegeln in der Segelcommunity regelmässig andere mit zum Segeln. Ihr nächster Plan ist, ihren Partner für einen Kurs zu begeistern. «Ich will ihn aber nicht erschrecken, darum gehen wir es gemütlich an», sagt sie zum Autor dieses Texts und zwinkert.

Autor: Peter Camenzind

 

Du möchtest das Erfolgsmodell der Segelschule Thunersee selbst testen? Hier findest du weitere Informationen.